Marco Hertenstein

ist kein Mann der großen Worte. Seine Sprache aber hat er gefunden: die Sprache der Musik. In ihr lebt er, seit er denken kann,  und in ihr drückt er sich aus. Geboren 1975 im Schwarzwald, fühlte er schon als kleiner   Junge den pulsierenden Rhythmus der Welt und empfand die Geräusche, Klänge und Töne seiner Umgebung stärker als andere Kinder.  Er lernte Trompete, Orgel und Klavier, trommelte und sang – und wusste schon sehr früh, dass die Musik der Mittelpunkt seines Lebens werden würde. 1998 ging er nach München, wo er an der Hochschule für Musik  und Theater  Komposition und Filmmusik studierte. Heute unterrichtet er dort wie   auch an der Ludwig-Maximilians-Universität als Dozent in den Fächern Musikelektronik, Filmmusik, Dramaturgie und Komposition. Marco Hertensteins außergewöhnliches kompositorisches Talent, seine   musikalische Produktivität und Vielseitigkeit sorgten bald für die Anerkennung in etablierten Kreisen. Er erhielt nicht nur zahlreiche Einladungen zu Vorträgen bei Symposien im In- und Ausland, sondern machte mit seiner ebenso schnellen wie kreativen Arbeitsweise auch Regisseure und Produzenten von Film, Fernsehen und Theater auf sich aufmerksam. Er schrieb die Musik zu ergreifenden Dokumentarfilmen wie „Hidden Children – Überleben im Versteck“ (Kasparfilm/Kirsten Esch), „Der Olympiamord – München ’72“ (ZDF), „Knef – Die frühen Jahre“ (N.E.F./Felix Moeller) oder „Die  Verhoevens“   (BR/ARTE/Felix Moeller).   Ebenso komponierte er fürs Kino:  „Mauii   Boyz“ (Dogfilm/CarstenMaaz),   „Harlan - im Schatten von Jud Süss“ (Blueprint Film/Felix Moeller), und er schuf die Begleitmusik für die DVD des Klaviervirtuosen Lang Lang,   „Dragon Songs“ (Deutsche Grammophon/Nightfrog/Benedict Mirow). Bei seiner Arbeit bedient sich Hertenstein der verschiedensten Instrumente und Einfälle, der unterschiedlichsten musikalischen Einflüsse; er hat weder Berührungsängste mit Jazz, Pop, Avantgarde  oder Klassik, noch scheut er musikalische Experimente. Seine Neugier und Originalität sind ein wichtiger Motor seines Schaffens – und nicht von ungefähr auch unabdingbarer Bestandteil filmischer Dramaturgie. Aber nicht nur Dramaturgen und Filmemacher lieben seine Arbeit – auch immer mehr Interpreten wollen seine Kompositionen spielen. Und so verwundert es nicht, dass   zahlreiche seiner Werke bereits den Weg in die Konzerthallen gefunden haben. Neben seiner Tätigkeit für Film, Fernsehen und Kino komponierte  Marco Hertenstein auch zahlreiche Auftragswerke. Darunter die Violinpartita „Partita Nuova“  für die Bachakademie Stuttgart (uraufgeführt beim Europäischen Musikfest Stuttgart durch die Stargeigerin Julia Fischer), „L ́odeur de l’ assassin“  für   Viola und   Klavier für Nils Mönkemeyer (Klassik  Echo  2009, uraufgeführt beim Heidelberger Frühling 2009), oder die Franz-Kafka Vertonung für Mezzosopran und Orchester Foto: Guido Geggter „Großer Lärm“ für die Franz-Kafka-Stiftung in Prag. Im Laufe der Zeit entstanden weitere Werke für Orchester und Solisten, darunter ein    Flöten-, Pikkolo Violinen-, Bassposaunen-, und   Doppelkonzerte sowie   Chor- und Kammermusikwerke für diverse Besetzungen, die weltweit zur Aufführung gebracht werden. Außerdem schrieb Marco Hertenstein  die Musik zu Theaterstücken, Hörspielen und Sprechopern („Das Leben ein Traum“ nach Pedro Calderón oder „Untergeher/Alte Meister“ von Thomas Bernhard).

2008 wurde seine Märchenoper  „Die  Verlorenen Gedanken“  (Libretto: Giuseppe Ecco) im Stadttheater in Kaufbeuren uraufgeführt und ist seither auch von anderen Spielstätten im In- und Ausland für deren   Spielplan vorgemerkt. Zur Zeit arbeitet der Komponist an einem Komplementärzyklus zu Camille Saint Saens’ „Karneval der Tiere“ mit dem Titel „Das Tor zur Fabelwelt“, in einer Fassung für zwei Klaviere und einer weiteren für Orchester und zwei Klaviere.   Die Texte dazu liefert Bestsellerautorin Leonie Swann („Glenkill – ein Schafskrimi“). Am 6. und 12. Februar 2010 wird dieses neue Werk von der Württembergischen Kammerphilharmonie und dem Klavierduo d ́accord   zur Welturaufführung gebracht. Marco Hertenstein erhielt für seine Musik neben vielen anderen Auszeichnungen 2004 den Franz-Grothe-Preis und 2006 den Rolf Hans-Müller-Preis; Filme, für die er die Musik beisteuerte, erhielten den Deutschen Fernsehpreis, den Preis für den Besten Dokumentarfilm beim Kuala-Lumpur-Filmfestival 2008 oder den  „Preservation of Audiovisual Memory Award 2009“ beim Jerusalem-Film-Festival.

Edition Hemera 2010

Christine Reinold